Aus der Geschichte des ältesten Vereins der Gemeinde
Die Gründung
Wenn der Radfahrerverein „Vorwärts“ am 17. Juli 2004 sein 100-jähriges Bestehen mit einem Festakt feiert, so hätte er diese Veranstaltung zur Erinnerung an den Gründungstag zeitlich nicht präziser legen können:
Der älteste Verein Fluorns wurde nämlich am 16. Juli 1904 im Gasthaus „Engel“ gegründet. Wie wir aus den Protokollen unserer geselligen Radlervorfahren wissen, ging diese Gründungsversammlung weit über Mitternacht hinaus, so dass der 17. Juli des Jahres 2004, 100 Jahre später, im besten Sinne ein würdiger Jubiläumstag ist.
Und so ist das erste Protokoll des „Vorwärts“, in Originalhandschrift immer noch erhalten, verzeichnet:
„Samstag, den 16. Juli 1904, versammelten sich im Gasthaus „Engel“ eine Anzahl sportsmutiger Jünglinge betreffs Gründung eines Radfahrervereins. Einstimmig einigte man sich auf den Namen „Vorwärts“ Fluorn und zwar folgende Radfahrer:
Friedrich Huss Johannes Arnold
Joh. Maser Johannes Stauffner
Joh. Winkler Jakob Knöpfle (Peterzell)
Johannes Haas Andreas Kübler
Andreas Deusch Jakob Kaufmann
Gottfried Hany Valentin Ruppel
Andreas Schwarzwälder Matthias Knöpfle
Friedrich Frick Johannes Hess
E. Zuckschwerdt Wilhelm Hess
Karl Rempp
Bereits eine Woche später, am Samstag, den 23. Juli 1904, kamen sie wieder zusammen um die Vereinsgremien zu wählen. Die ersten Amtsträger des neu gegründeten „Vorwärts“ waren:
1. Vorsitzender Friedrich Huss
2. Vorsitzender Gottfried Hany
Kassierer Johannes Maser
Fahrwart Johannes Arnold
1. Schriftführer Johannes Stauffner
2. Schriftführer Johann Winkler
Vereinsdiener Andreas Kübler
Beisitzer im Ausschuss Wilhelm Hess
Karl Rempp
Andreas Deusch
M. Knöpfle
Kassenrevisoren Joh. Winkler
Joh. Arnold
Nun war also der „Vorwärts“ Fluorn funktionsfähig, als gelungener zweiter Versuch in Fluorn einen Radfahrerverein zu gründen. 1895 wurde es erstmals gewagt, doch aus heute nicht mehr bekannten Gründen sollte es noch nicht sein.
1904 ging man um so eifriger und zielstrebiger an die Arbeit. Schon am 6. August wurden die Statuten beraten und angenommen. Die Rechte und Pflichten des Vereins und seiner Mitglieder waren nun festgelegt und waren Grundlage für die Zukunft. Damals war der Verein eine respektierte Einrichtung. Man rechnete es sich zur Ehre an ihm anzugehören und mußte ein rundum angesehener Mann sein, wenn man in ein Vereinsamt gewählt werden wollte.
Gerade ein Radfahrerverein war etwas Besonderes. Er war der Hüter und Förderer des für die breite Masse erschwinglichsten und modernsten Fortbewegungs- und Sportgerätes. Gerade mal 20 Jahre waren vergangen, seit die Engländer Starley und Sutton einen völlig neuen Fahrradtyp mit Rohrrahmen und zwei gleich großen Rädern mit Kettenantrieb auf das Hinterrad auf den Markt gebracht hatten. Dieses von ihren Konstrukteuren Rover III genannte Fahrrad, in dem wir auch unsere heutigen Räder noch gut erkennen können, war der absolute Renner jener Zeit. Und nur 14 Jahre vor der Gründung unseres „Vorwärts“ gelang es dem schottischen Tierarzt John B. Dunlop einen Luftreifen zu erfinden und damit den Vollgummireifen abzulösen. Diese zwei Erfindungen waren es, die der Radsporteuphorie in Europa zum Durchbruch verhalf.
Sicher hatte man auch in Fluorn im Gründungsjahr 1904 schon Berta Benz gehört, die 1888 mit der Motorkutsche ihres Mannes Carl Benz eine Fahrt unternommen hatte und auch von gewissen Herren Daimler und Maybach, die mit Motoren und Motorkutschen experimentierten und damit die Muskelkraft durch Motoren, deren Kraft nach „Pferdestärken“ bemessen wurde, ersetzen wollten. Doch das war Zukunftsmusik und wurde sicher noch ungläubig belächelt.
So waren die Gründer des Vereins von großem Idealismus beseelt. Schon im August 1904 ging man auf die erste Radtour, „welche durchgeführt wurde über Busenweiler, Dornhan, Hochmössingen, Fluorn und alle kamen heiter zurück“, so Schriftführer Stauffner.
Die ersten Jahre
Viele neue Mitglieder kamen hinzu
Der neue Verein fand viel Echo in der Gemeinde. In jeder Versammlung wurden durch Abstimmung neue Mitglieder aufgenommen. Die Mitgliederzahl wuchs noch im Gründungsjahr von 19 auf über 40 an. So konnte man sich bald dem Korsofahren zuwenden. „Übungen im Auf- und Absteigen und Schwenkungen aller Art“ vermerkt das Protokoll. Wer je noch miterlebt hat, wie selbst noch in den 50ziger und 60ziger-Jahren des vorigen Jahrhunderts diese Übungen mit militärischer Lautstärke kommandiert wurden kann ahnen, welcher Drill zu Kaisers Zeiten die Szene bei den „Übungen“ beherrschte. Erwähnenswert ist auch, dass im Oktober 1904 eine Vereinsfußpumpe angeschafft und im Vereinslokal zur allgemeinen Verwendung deponiert wurde.
Erstmals einheitliche Anzüge 1905
Die erste Generalversammlung nach der Gründung hielt der Verein am 8. Januar 1905. Die Mitglieder bekundeten die Absicht, sich für ihre Festauftritte mit gleichen Anzügen auszustatten. Mützen und Strümpfe kamen hinzu („die Kosten hat jedes Mitglied selbst zu tragen“).
Der Humor kam nie zu kurz
Dass es in den monatlichen Versammlungen meist recht gemütlich zu ging, hat Schriftführer Joh. Stauffner immer recht treffend für die Nachwelt festgehalten. So notierte er am 15. April 1905 unter „Wünsche und Anträge“, dass ein Mitglied verlangt habe, „daß 1. der Kirchturm um einen Meter niedriger werde und 2. dass die Schoppengläser um einen Meter höher werden“. Dieser wackere Kämpfer wider den Durst war bestimmt kein Ungläubiger. Er ging nur treffend davon aus, dass ein um einen Meter niedrigerer Kirchturm immer noch ein solcher wäre, dem Schoppenglas und damit ihm ein zusätzlicher Meter enorm viel bringen würde. Dass es einmal ein Alkoholblaseröhrchen geben würde, damit hatte man sich anno 1905 noch nicht zu belasten.
Erster Festbesuch und erste Rennfahrer 1905
Ein wichtiges Datum für den jungen Verein war der 14. Mai 1905. Damals beteiligten sich nicht nur die Korsofahrer an einem Radfahrerfest in Freudenstadt; erstmals traten auch zwei Rennfahrer zum Ruhme ihres „Vorwärts“, Friedrich Rempp und Matthias Storz, in die Pedale. Friedrich Rempp belegte auf Anhieb den 2. Platz.
Bald darauf wurde das Radfahrerfest in Schramberg besucht. Den dort beim Korso errungenen Pokal haben unsere Vereinsgründer kräftig begossen. Das Protokoll vermerkt verschmitzt dazu, „das Wetter hat das Fest begünstigt und die Festgenossen zu heiterer Stimmung gebracht. Die Mitglieder kamen verzettelt nach Haus. Zum Teil kamen welche mit leichten Schürfungen hier an und zu Hause gab es mitunter Moralpredigten von Seiten der besseren Hälfte, All Heil!“ Man kann es verstehen, leichte Schürfungen waren eben zu keiner Zeit bei der besseren Hälfte beliebt.
Erstes Waldfest und erstes Vereinsrennen im August 1905
Am 06. August 1905 wurde das erste Vereinsrennen abgehalten. Morgens um sieben ging es von Fluorn zur Kreuzstraße (so hieß früher im Volksmund die Straßenkreuzung bei dem Weiler Breitenwies, wo sich die Straßen nach Alpirsbach, Freudenstadt und Dornhan „kreuzten“). Von Fluorn aus waren dies 7 Kilometer. Friedrich Rempp hieß der Sieger in 16 Minuten und 32 Sekunden. Dies entsprach einem Schnitt von 28 km/h. Dass Friedrich Rempp nicht nur schnell sondern auch langsam fahren konnte, bewies sein Sieg in dieser heute seltsam anmutenden Disziplin. Das erste Waldfest selbst wurde auf den „Langen Äckern“ gefeiert, einer großen Waldwiese zwischen Fluorn und Hönweiler. Viele Besucher kamen aus nah und fern . Schriftführer Joh. Stauffner berichtet, dass man sich an dem guten „Schwanenbier“ aus Oberndorf gelabt hat, dass die Fluorner Musikkapelle gespielt hat und der Gesangverein von Lehrer Seeger zur Unterhaltung beigetragen habe. Man sieht, dass es hier durchaus schon Vorläufer unserer heutigen Vereine „Eintracht“ und „Frohsinn“ gegeben hat.
Bannerweihe 1906
Am 11. März 1906 wurde beschlossen, eine Standarte anzuschaffen. Es ist jene, die der RV „Vorwärts“ auch heute noch stolz mit sich führt (inzwischen natürlich schon einige Male restauriert). Die Firma Böbel aus Stuttgart lieferte sie für 150 Reichsmark. Am 17. Juli 1906 war der große Tag der Bannerweihe. Lange Vorbereitungen gingen diesem Tag voraus. Bereits am Vorabend wurden Gäste aus nah und fern begrüßt. Böllerschüsse weckten zu früher Morgenstunde Einheimische und Gäste und um 6 Uhr begann ein großes Rennen. Das Protokoll vermerkt, dass anschließend ein Frühschoppenkonzert folgte „und alles war sehr lebhaft und guten Mutes“. Wo der Festplatz war, ist leider nicht überliefert. Wir wissen aber, „das Wetter war warm und machte die Seelen durstig“. Das war wichtig, denn der junge Verein brauchte Geld und das bringen durstige Seelen allemal in die Kasse. Vorsitzender Friedrich Huss hielt die Festrede. Dass der Montag zum „blauen Vereinsmontag“ erklärt wurde, war für damalige Zeiten sicher ein außergewöhnlicher Vorgang.
Ab 1906 ist die „Linde“ Vereinslokal
Ab 1906 ist die „Linde“ das Vereinslokal des „Vorwärts“. Warum man dem „Engel“ den Rücken kehrte ist nicht vermerkt.
Der Verein bietet Geborgenheit
Der junge RV „Vorwärts“ gab seinen Mitgliedern, das spürt man vielfach in den Aufzeichnungen über das Vereinsleben, ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl. Er war wesentlicher Bestandteil der knappen Freizeit, war Ablenkung und Motor zu neuer Kraft abseits der harten Arbeit in der Fabrik, Landwirtschaft oder Handwerk. Selbst im Winter kam man mindestens einmal im Monat zu Versammlungen zusammen, „auch wenn es in der stillen Zeit wirklich nicht viel zu debattieren gibt, da sämtliche Räder am Nagel hängen“, wie Joh. Stauffner schreibt. Was also taten die Radler im Winter ? Sie sangen aus Herzenslust! 1906 wurde Gesangslehrer Nagel verpflichtet um mit den Radlern Lieder einzustudieren, „damit wir im Sommer die Ausfahrten mit Gesang durchführen können“. Der Gesangslehrer war bescheiden. Lediglich drei Mark erhielt er als nach längerem Üben feststand, dass die Sache erfolgreich war „und von nun an 30 Pfennig die Stunde“. Die Musikbegeisterung war wohl so groß, dass in einer Versammlung beschlossen wurde, einen eigenen Gesangverein und eine Streichmusik zu gründen. Beide in einem Radfahrverein recht fremd anmutenden Ideen tauchen später aber in keinem Protokoll mehr auf. Es scheint also nichts daraus geworden zu sein.
Korsofahrer und Rennfahrer sehr erfolgreich
Im Sommer waren die Korsofahrer und Rennfahrer sehr viel unterwegs. Es gab in der Umgebung zahlreiche Radfahrvereine. Fast in jeder Gemeinde und in den Städten hatten sich welche gegründet. Der Radsport war große Mode. Neben den obligatorischen Korsofahrern starteten für den Verein viele Rennfahrer. Besonders Friedrich Rempp (Bergstraße) war ein sehr erfolgreicher Fahrer, der zahllose Siege errang. Aber auch Jakob Knöpfle, Andreas Schwarzwälder, Johannes und Wilhelm Hess, Jakob Kaufmann, Matthias Storz sen., Heinrich Huss und viele andere mehr starteten erfolgreich bei den Rennen. Leider hat man Namen und Ergebnisse früher sehr lückenhaft aufgezeichnet. Die Korsomannschaft des „Vorwärts“ zählte zu den stärksten und besten. Große Pokale, wahre Kunstwerke auf Horn und Metall, brachte man nach Hause und wenn die Radler mit Schalmaienklang heimkehrten, war dies immer für die Radler und die Bevölkerung eine große Freude. Im Vereinslokal wurden die Pokale „noch gut verschwellt“, wie der Schriftführer diese nasse Zeremonie zu bezeichnen pflegte.
Höhere Beiträge als heute
Wenn man die heutigen Debatten um Vereinsbeiträge verfolgt, so hatten die Sportpioniere damals schon viel Opfersinn für den Verein. Die Gründer des „Vorwärts“ haben sich einen Monatsbeitrag von 40 Reichspfennig auferlegt, also einen Jahresbetrag von 4,80 Reichsmark. Berücksichtigt man den damaligen Wert der Goldmark und die Verdienstmöglichkeiten, so bekommt man Respekt vor diesem Idealismus.
Der Verein war immer dabei
Verein und Privatleben waren eng verbunden. In alle wichtigen familiären Anlässe war der Verein eingebunden. Ob das nun Hochzeiten, Taufen der Sprösslinge, runde Geburtstage, Todesfälle oder andere wichtige Ereignisse waren, der Verein war immer dabei. Besonders bei Hochzeiten war man sicher der besonderen Verpflichtung bewusst. Bräute wurden von auswärts abgeholt oder falls Braut oder Bräutigam das Dorf verließen, begleitete man das Vereinsmitglied in die neue Heimat. Wie vielfach zu lesen ist, schätzten die Radler besonders die „Morgensuppe“, wobei die „Suppe“ in der Regel aus Freibier bestand.
Radler begründen des Theaterspiel und Preiskegeln in Fluorn
Da in den Anfangsjahren des RV „Vorwärts“ die Vereinskasse immer an Geldmangel litt, sannen die Verantwortlichen nach dauerhaften Finanzquellen. 1907 wurde mit großem Erfolg ein Preiskegeln veranstaltet. 1908 stellte man einen Laienspielgruppe zusammen, welche die Fluorner mit einer Aufführung begeisterte. Leider ist der Titel des ersten heroischen Stückes nicht überliefert.
Friedrich Huss wird Ehrenvorstand, Jakob Knöpfle folgt nach
Den ersten Wechsel an der Spitze des RV „Vorwärts“ gab es, siebeneinhalb Jahre nach der Gründung, am Neujahr 1912. Friedrich Huss trat zurück. In Würdigung seiner Verdienste um den Verein in den Aufbaujahren wurde er einstimmig zum Ehrenvorstand ernannt. Schmiedemeister Jakob Knöpfle wurde neuer 1. Vorstand (das Wort „Vorstand“ hat sich im Volksmund bis heute erhalten, obwohl die offizielle Bezeichnung längst „Vorsitzender“ lautet).
Blaue Samtanzüge ab 1912
Das auch heute noch wohl vertraute Bild der Fluorner Radler bei Korsofesten, die schmucken dunkelblauen Samtanzüge, konnten erstmals 1912 bei Festen bewundert werden. Viel Mühe gab sich die Vereinsführung, bis schließlich die Entscheidung zugunsten des blauen Samtes fiel. Sogar im „Schwarzwälder Boten“ wurde eine Ausschreibung veröffentlicht, damit alle Interessenten ein Angebot abgeben konnten. Den Zuschlag erhielt dann der Schneider Andreas Rempp aus Fluorn, der einen Anzug für 35 Markt anfertigte.
Fahrrad-Hilfsstation 1914
Nachdem der Radsport Volkssport geworden war und wohl von anderen Vereinen viele Radler auch durch unseren Ort kamen wurde über eine Anregung beraten, wie man auswärtigen Radwanderern bei Pannen helfen könne. Schließlich waren die Straßenbeläge noch nicht so reifenfreundlich wie heute und mancher Fremdkörper und spitze Steine sorgten dafür, dass die Fahrten nicht so reibungslos abliefen. So wurde schließlich beschlossen, eine „Hilfsstation für durchreisende Radler“ im Vereinslokal einzurichten.
Schwere Jahre im 1. Weltkrieg
Der Erste Weltkrieg warf die ersten Schweren Schatten auf den Verein. Schon zu Beginn der Kriegshandlungen wurde mehrere Mitglieder eingezogen. Im März 1915 hatte man mit Otto Zuckschwerdt den ersten Gefallenen zu beklagen. Für die im Felde stehenden Freunde stellten die Mitglieder laufend Pakete zusammen, die durch Spenden finanziert wurden.
Die „Ratstube“ wird neues Vereinslokal
Mitten im Krieg, 1915, geriet der Verein „wegen beleidigenden Ausdrücken“ mit dem Lokalwirt Reich in der „Linde“ in Streit. Die Auseinandersetzung war nicht mehr zu kitten. Kurzerhand zog man in die gegenüber dem Rathaus (früheres altes Rathaus) gelegene „Ratstube“ zum Wirt Gaiser. Immerhin war dies schon das dritte Vereinslokal in elf Jahren.
Empfang für die Kriegsteilnehmer
Im Januar 1919 gab es einen würdigen Empfang für die aus dem Krieg heimgekehrten Kameraden. „Jedermann bekam ein Festessen mit einem Schoppen Wein und für den Nachtisch hatte unsere edle Damenwelt gesorgt, in dem es Hefekranz zum Essen gab und mancher alte Krieger hat sich versetzt gefühlt in unsere schöne Vorkriegszeit“ berichtet Schriftführer Wilhelm Müller. Die Feier war so schön, dass viele zu „Spätheimkehrern“ wurden, denn „die Sonne stand schon recht hoch, als am anderen Morgen die letzten Kameraden sich anschickten, ihre Schlafstätte aufzusuchen“.
Spenden für die schwache Kasse
Finanziell war der Verein nach dem Weltkrieg schlecht dran. Mangelnde Einnahmen und fehlende Beiträge hatten die Finanzen abgeschmolzen. So halfen sie eben mit Spenden der maroden Kasse wieder ein wenig auf die Beine. Allen voran Vorstand Jakob Knöpfle mit 25 Mark, Friedrich Rempp mit 10 Mark, Joh. Georg Huss 8 Mark, Reinhold Nübel 5 Mark und Robert Hany mit 9,60 Mark in Form von Mehl.
Vereinsleben erholt sich nur langsam
Nur langsam kam nach dem Krieg das Vereinsleben wieder in Schwung. Nur vereinzelt wurden Feste besucht und Ausfahrten unternommen. Der Rennsportbetrieb ruhte fast völlig. Ein Generationswechsel war zu überbrücken.
Die 1920er Jahre
Abenteuerliche Fahrt zum Fest in Marlen bei Kehl 1921
1921 wurde das erste Fest außerhalb des eigenen Bezirkes besucht. Marlen bei Kehl war das Ziel. Natürlich fuhr man mit dem Rad und das Protokoll über so eine lange Strecke liest sich abenteuerlich und wehmütig zugleich, zeigt es doch uns motorisierten Zeitgenossen, wie abwechslungsreich damals Ausflüge waren. Schriftführer Robert Hany hat alles fein säuberlich für die Nachwelt aufgeschrieben. So hatte auf der Fahrt „Mitglied Scharf eine unliebsame Berührung mit dem Erdboden weil die Lenkstange nicht richtig befestigt war, Mitglied Heinrich Gubler verlor um ein Haar seinen Mundvorrat weil sich seine Schachtel löste und ein vorbeifahrendes Auto die Schachtel fast überfahren hat“. Dann hatte Otto Blöchle ein „Lockeres Sitzleder und musste in Biberach-Zell eine Reparatur vornehmen“. Nicht genug, „Reinhold Hess hatte Pech mit der Luft und unterwegs n ach Haslach platzte dem Vorstand sein Reifen“, Weiter vermeldete der Schriftführer, „in Offenburg hatten die Fluorner Radler eine kleine Anrempelung mit Schutzleuten, weil keiner außer dem Vorstand ein Licht hatte“(geschehen am 30. April 1921 um 23 Uhr nachts). Die Fahrt nach Offenburg war vorher bei stockdunkler Nacht so vor sich gegangen, dass Vorstand Jakob Knöpfle mit Licht voraus fuhr und seine „Dunkelmänner“ der Reihe nach hinterdrein. In Offenburg ging es um halb zwölf in der Nacht weiter bis zum französischen Posten, dem man für den Bezirk Kehl einen Einreiseschein vorzulegen hatte. Um 1 Uhr am 1. Mai 1921 war schließlich Marlen erreicht. Um 4.30 Uhr war schon wieder Wecken für die Rennfahrer angesagt. Mit Emil Huss, Matthias Storz jun., Andreas Müller und Otto Blöchle tauchen neue Rennfahrernamen auf, wobei hernach besonders Emil Huss und Matthias Storz viele Siege errangen.
Sportjustiz anno 1921 für den „Schneider“ von Marlen
Das Rennen in Marlen, von dem anzunehmen ist, dass die Rennfahrer des „Vorwärts“ wegen der folgenden Szenerie vorne mit fuhren, war deshalb besonders interessant weil geschildert wird, wie damals Verstöße gegen die Sportlichkeit geregelt wurden. Wo heute Sportgerichte tätig werden, Sachverständige urteilen und Fernsehaufnahmen herangezogen werden und zu viele Leute viel Papier bewegen müssen, das wurde damals ebenso einfach wie wirksam am Ort des Geschehens kurz und bündig geregelt. Beim Rennen in Marlen fiel es einem Fahrer ein, seine Mitstreiter durch „schneiden“ beim Spurt zu behindern und ihnen dadurch die Siegchance zu vermasseln. Der Fluorner Schriftführer notierte dazu, „es half ihm aber nichts, denn die anderen waren auch bei der Sache“. Kaum war man abgestiegen, so kam der „Schneider“ sogleich vor die „Sportjustiz“. Robert Hany umschrieb das dann folgende „Gerichtsverfahren“ folgendermaßen: „Derjenige, welcher die anderen Fahrer schneiden wollte, bekam nach der Ankunft eine ordentliche Tracht Prügel, wobei er auch die Fäuste von unseren Rennfahrern zu spüren bekam“. Sicher hat der Verurteilte sich beim nächsten Rennen anders verhalten. „Weil das Fest in Marlen allgemein befriedigte“ ging’s schon eine Woche später nach Ichenheim bei Lahr zu einem großen Fest.
„Der Vetter aus Amerika“ eröffnet das Jahr 1922
Der Erste Weltkrieg war überwunden. Das merkte man deutlich im Jahr 1922, wo ein großer Mitgliederzuwachs den Verein wieder stärkte. Der Verein zählte damals 77 Mitglieder, im Jahr zuvor noch 50. Neue Dinge wurden in Angriff genommen. So wurde an zwei Abenden in der „Krone“ Theater gespielt unter der Regie des Mitgliedes Lehrer Fegert. Nicht weniger als sieben Stücke unterhielten die Besucher. Hauptstück war der „Vetter aus Amerika“, dem Titel nach nicht unbedingt ein Drama. Lehrer Gaiser spielte zur Umrahmung Klavier. Ein bisschen half schon die sich abzeichnende Inflation mit, dass 1303 Mark Reinerlös erzielt wurden.
Verbandsfest als Höhepunkt 1922
Als großer Vertrauensbeweis war dem RV „Vorwärts“ das Verbandsfest des Radsportverbandes Schwarzwald übertragen worden, das im Juni stattfand. Das große Fest, in das alle Beteiligten so viel Hoffnung gesetzt hatten, litt unter einem fürchterlichen Regenwetter. Nicht einmal den Festplatz (damals wohl noch ohne großes Zelt) in den Gärten Jakob Mutschler und Robert Hany konnte man nicht betreten. Alles spielte sich zum Nachteil des „Vorwärts“ in den Wirtschaften ab. Kein Wunder dass ein Defizit von 8094 Mark entstand. Ein Teil des Abmangels wurde kurzer Hand auf die Mitglieder umgelegt. 35 Mark hatte ein Mitglied zu berappen. Dennoch war dies schon kein Problem mehr, denn das Geld war nicht mehr viel wert. Der Jahresbeitrag lag schon bei 6o Mark.
Wie stark die Rennfahrer des RV „Vorwärts“ damals waren beweist die Verbandmeisterliste. Das Meisterschaftsfahren gewann Matthias Storz, im Hauptfahren war Otto Blöchle erfolgreich und im Neulingsfahren siegte Heinrich Gubler. Alle Verbandsmeister stellte der gastgebende Verein.
Für das Jahr 1922 notierte der Schriftführer erstmals die komplette Erfolgsbilanz der 15 „Vorwärts“-Rennfahrer (leider ist eine ähnliche Bilanz für spätere Jahre nirgends aufgezeichnet): 67 Preise wurden 1922 errungen, davon 21 erste, 14 zweite, 11 dritte und 10 vierte und 11 fünfte Preise. Es starteten damals Emil Huss, Gustav Huss, Karl Huss, Matthias Storz, Otto Blöchle, Otto Kaufmann, Wilhelm Kaufmann, Andreas Müller, Karl Kaufmann, Heinrich Gubler, Gotthilf Gühring, Matthias Armbruster, Karl Kopp, Otto Schittenhelm und Hermann Eberhardt.
Frauenpower in Rennen bereits 1922
Erstmals finden sich 1922 neben den erfolgreichen männlichen Rennfahrern des „Vorwärts“ auch Damen aus Fluorn als Radrennfahrerinnen in den Starterlisten. Für die damalige Zeit ein ungeheurer Vorgang, haben selbst in unseren Tagen die Damenrennen noch um ihre Akzeptanz zu kämpfen. Bei einem Fest in Aistaig gewann Emma Blöchle den 1. Preis vor Berta Kaufmann. 1922 übernahm der Fluorner Radfahrverein die Patenschaft des RV Sulgen-Sulgau.
Millionär in der Inflationszeit
In diesen Zeiten aber 1923 Vereinskassierer zu sein , war kein leichtes Amt. Ständig musste er sich mit wechselnden Geldwerten befassen. Das Kasssenbuch gibt die damaligen Verhältnisse deutlich wider, als die Nullen die meistgedruckten Zahlen waren. Was heute noch in Millionen gerechnet wurde, war morgen schon Milliarden oder Billiarden. So betrug das Eintrittsgeld für Theaterveranstaltungen des Vereins eine Million Mark. Ein guter Schachzug war, dass man im Mai 1923 von der örtlichen Darlehenskasse noch 500 000 Mark für Mützen und Hemden aufnahm. Die Rückzahlung einige Zeit später war problemlos, weil 500 000 Mark ein Pappenstiel waren. Selbst der Vereinsdiener wurde für seine Dienste mit einer Million Mark entschädigt. Monatsbeiträge wurden auf 200 000 Mark festgesetzt. Schließlich gab man es auf, es hatte keinen Sinn mehr.
Im Juli 1923 überschatteter ein schwerer Sportunfall den Verein. Bei einem Radrennen war in Neufra der hoffnungsvolle junge Rennfahrer Emil Winkler tödlich verunglückt .
Nach der Inflation
Als die Beträge in den Kassenbüchern wieder normale Größen erreicht hatten, wurde auch das Vereinsleben wieder aktiver. An Pfingsten 1924 wurde ein dreitätige Ausfahrt an den Bodensee unternommen. Damals war dies eine reine Männersache, denn für Frauen waren solche Wegelagerer-Fahrten nicht geeignet. Übernachtet wurde unter Bäumen, auf Parkbänken oder Heuhaufen. 1924, im ersten Jahr nach der Inflation, versuchte man auch, die Vereinskasse zu sanieren. Dazu dienten ein Hammeltanz auf dem Scheibenberg, eine Herbstfeier mit Vereinsrennen und eine Theateraufführung. 1925 dann übernahm der Verein für den Schwarzwaldverband die Ausrichtung der Mannschaftsmeisterschaft. Wieder wurde es ein „Wasserfest“ und der Schriftführer bemerkt resigniert dazu, dass man seit Jahren nichts anderes kenne als Regen bei den Vereinsveranstaltungen. Diese ewige Unbill des Wetters ließ die Fluorner Radler nach wettersichereren Möglichkeiten der Mittelbeschaffung suchen. So beschloss man, da im Ort keine Kegelbahn war und Preiskegeln immer eine rentable Sache war, eine eigene Kogelbahn anzuschaffen. In der „Krone“, meist in Eigenarbeit, wurde sie installiert.
Eingetragener Verein ab 1926
1926 wird der „Vorwärts“ im Vereinsregister des Amtsgerichtes in Oberndorf am Neckar eingetragen. Da es damals schon spürbar Geld kostete wenn amtlicherseits Änderungen vorgenommen werden mussten, so wählte man in der nächsten Generalversammlung den ersten und zweiten Vorstand gleich auf sechs Jahr. Keiner der beiden Amtsträger konnte somit kurzfristig und Kosten verursachend seinen Posten verlassen.
Das 25-jährige Jubiläum 1929
Zu diesem ersten markanten Jubiläum des Vereins gab es ein großes Fest. Vom 27. Bis 29. Juli 1929 wurde gefeiert und, so schrieb Schriftführer Robert Hany ins Protokollbuch, „als am 27. Juli morgens der Tag erwachte, war das Regenwetter wieder da und es glaubte jeder, das Regenwetter am hiesigen Platz sei sprichwörtlich“. So schlimm kam es aber doch nicht, denn am Nachmittag hellte sich das Wetter auf und die Festsonne erfreute die Gäste. Am Eröffnungsabend zog ein großer Fackelzug durch Fluorn, „Pfeil“ Schwenningen fuhr einen Lampionreigen und hatte auch einen Kunstfahrer namens Kohler mitgebracht, der alle begeisterte. Ein großes Rennen gehörte natürlich auch dazu. Einer der Favoriten war Lokalmatador Fritz Rempp. In aussichtsreicher Position wurde er kurz vor dem Ziel von Karl Moosmann aus Lauterbach, dem späteren langjährigen Kreisvorsitzenden und großem Freund unseres Vereines, noch abgefangen. Der Chronist erinnert sich gerne, wie Karl Moosmann anno 1977 anlässlich des 70. Geburtstages von Fritz Rempp dieses in der Erinnerung noch ruhmreicher gewordene Stück Radsportgeschichte in der ihm eigenen blumigen Sprache zum Besten gab. Eine Überraschung hatte das Fest noch zu vermelden, denn am Nachmittag kam vom Rötenberger Wald her das Luftschiff „Graf Zeppelin“ in geringer Höhe über Fluorn gefahren, ein unvergesslicher Anblick für die damalige, noch nicht luftfahrtgewohnte Zeit. Auch ein Kinderfest wurde gefeiert. Schon damals ist vom „schönsten Festtag“, obwohl wieder verregnet, die Rede. Wurstgalgen, Kletterbaum und viele andere altvertraute Attraktionen bereiteten Vergnügen und jedes Kind erhielt eine Wurst und einen Wecken. Schade, dass die Zeiten vorüber sind von denen Robert Hany schreiben konnte „die Herren Lehrer zeigten mit den Kindern Spiele und der Herr Karussellbesitzer gab den Kindern zwei Freifahrten“. Recht vergnügt war wohl auch der junge Fluorner Musikverein (gegründet 1928), denn das Protokoll sagt „etwas Neues war das Karussellfahren mit Blechmusik“.
Anfang der Dreißiger Jahre und die Zeit des Nationalsozialismus
Das Vereinsleben war in den Jahren 1930 und 1931 noch recht rege. Viele Veranstaltungen wurden abgehalten und Feste besucht. 1931 beschäftigte man sich in der Generalversammlung erstmals mit dem Thema Jugendarbeit. Die Gründergeneration, 1904 im besten Mannesalter angetreten, war nun schon im „Mittelalter“. Die Jugend sollte nachrücken. Es musste um sie geworben werden, auch um weibliche Mitglieder.
Nach dem Weltkrieg und der Inflation schlitterte der Radfahrverein aber nun in die dritte Krise, die Arbeitslosigkeit hinein. Über einen Lichtgang 1931 schreibt der Vereinschronist, dass die Veranstaltung schon „den Stempel der heutigen wirtschaftlichen Not“ trug. 1932 waren die Beiträge nicht mehr vollständig einzubringen. 90 % der Mitglieder waren erwerbslos. Viele erklärten damals den Austritt, um keine Schwierigkeiten mit den Beiträgen zu bekommen. Mancher verdiente Radler war darunter. Festbesuche und andere Ausfahrten werden in diesen Zeiten kaum mehr vermerkt. 1934 wird das Vereinsleben wieder reger. Es wird wieder vermehrt über Festbesuche, Wanderfahrten und Touren, die bis an den Rhein und den Bodensee gehen, berichtet.
Wachablösung 1934 – Jakob Knöpfle wird Ehrenvorstand, Robert Hany wird Radler-Chef
Die Generalversammlung vom 28. Oktober 1934 bringt einen Wechsel im Vorsitz des Vereines. Nach 22-jähriger Amtszeit, in die alle Beschwernisse gefallen sind, die man sich nur denken kann, Weltkrieg, Inflation und Arbeitslosigkeit, stellte sich Schmiedemeister Jakob Knöpfle nicht mehr zur Wahl. Mit großer Mehrheit wählte die Versammlung den in 11-jähriger Schriftführertätigkeit bewährten Robert Hany in das Amt des ersten Vorstandes.
Jakob Knöpfle wurde zum Ehrenvorstand ernannten und in einer besonderen Feier geehrt. Robert Hany versuchte in den Folgejahren, den Radfahrverein nach den schweren Jahren wieder zu neuer Blüte zu führen. Mit Veranstaltungen verschiedenster Art trat der Verein an die Öffentlichkeit. Hany verband geschickt das Bewährte mit Neuem. Er hielt auch den Kontakt zwischen Alt und Jung aufrecht. So wird von einer Winterfeier aus Anlass des 30-jährigen Bestehens berichtet, wo sie alle noch einmal beisammen waren, „vom 24-jährigen bis hinauf zum grauen Siebziger“. Anwesend waren „der Ehrenvorstand Friedrich Huss, der treue alte Kamerad Gottfried Hany, der treue Förderer des hiesigen Radsports Friedrich Rempp vom Berg, die Gründungsmitglieder Andreas Kübler und Andreas Deusch und Ehrenvorstand Jakob Knöpfle“. Die Feier war sehr gemütlich, denn es wird berichtet, „um halb zwei ist ein ungeladener Gast erschienen der in punkto Stimmung kein Verständnis zeigte, so dass wir gezwungen waren, das Lokal sofort zu verlassen und jeder ging oder schwankte seinen heimatlichen Gemächern zu, je nach Fülle und Fußwerk“. 1937 schon musste man den Gründungsvorstand Friedrich Huss zu Grabe tragen .
Die letzten Jahre vor dem Krieg
Sehr gepflegt wurden in den Dreißiger Jahren die Wanderfahrten. Bei der Verbandswertung wurde der RV Fluorn im Jahr 1937 mit 2400 gefahrenen Kilometern Vierter in Württemberg. Von den Rennfahrern, die ebenfalls sehr erfolgreich waren, sind aus diesen Jahren keine vollständigen Siegerlisten erhalten. Wir wissen aber, dass Markus Schneider aus Seedorf, der für den „Vorwärts“ startete, einer der besten Fahrer des Landes war (auch württ. Bergmeister). In der Jugendklasse errangen Richard Stähle, Matthias Pfau und Otto Deusch Erfolge. Auch Karl Rempp errang viele Erfolge. Im Jahr 1938 wird in einer außerordentlichen Generalversammlung der Titel eines Straßenrennens geboren, der einmal zu einer Art Markenzeichen für Rennsportveranstaltungen in Fluorn werden sollte, der „Große Preis vom Heimbachtal“.
1939 dann, wohl schon in Vorahnung des kommenden Unglücks wurde vom 29 bis 31. Juli das 35-jährige Stiftungsfest gefeiert.. Ein großes Straßenrennen, eben der „Große Preis vom Heimbachtal“, mit Fahrern aus dem süddeutschen Raum und der Schweiz, ein großer Korsoumzug, Radballspiele, Reigenfahren und ein Kinderfest bildeten das Festprogramm.
Beim Straßenrennen wurde Markus Schneider Zweiter. Matthias Pfau wurde Zweiter bei der Jugend A. Bei der Jugend B gab es gute Platzierungen für Alwin Zuckschwerdt, Alfred Esslinger und Ernst Schittenhelm. Das Fest war „rauschend“ und der Schriftführer meint, dass es ein Meilenstein wohl für immer gewesen sei. „Das Festen wollte kein Ende nehmen“ steht geschrieben. Selbst als die „Stätte der Freude und Kameradschaft aufgeräumt war, sind die Wogen des Humors noch nicht verebbt und nach getaner Arbeit schlugen sie noch einmal haushoch“ notierte Schriftführer Karl Kaufmann. Von einem der Schweizer Gäste wird gesagt, dass er sich erst am Donnerstag entschließen konnte, nach seiner Heimat abzufahren.
„Ich hatte einen Kameraden“ –Schwere Zeit des 2. Weltkrieges
Bald nach dem rauschenden Fest im Juli 1939 begann für den Verein die schwärzeste Zeit seiner Geschichte. Ebenso wie die Protokolle unvermittelt verstummen und dann zehn Jahre lang nichts mehr notiert wird, so war auch das Vereinsleben lahm gelegt. Von 44 in den Krieg gezogenen Mitgliedern waren 17 gefallen oder vermisst und zwei waren noch in Gefangenschaft, als man am 6. Januar 1949 die erste Versammlung nach dem Krieg abhielt.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg
Neuanfang als Sparte des Vereins für Leibesübungen (VfL)
Inzwischen war der Radfahrverein kein selbständiger Verein mehr, sondern nach Erlass der französischen Besatzungsmacht Sparte des alle sporttreibenden Vereine des Ortes umfassenden neuen Vereins VfL. Robert Hany, noch aus den Vorkriegsjahren gewählter Vorsitzender der Radler, analysierte in der ersten Spartenversammlung das noch Vorhandene, zog Bilanz und rief auf zu neuen Taten. Die Spartenmitglieder sprachen Robert Hany das Vertrauen aus. Mit Matthias Storz als zweitem Vorsitzenden, Gottfried Trick als Kassier und Alfred Strauch als Schriftführer wurden dem Spartenleiter bewährte Kräfte an die Seite gestellt, bereit, dem Radsport in Fluorn wieder Geltung zu verschaffen. Erste Wanderfahrten, „wenn es die Verhältnisse erlauben und sich die Beschaffung von Reifen und Fahrrädern wieder bessern sollte“, wurden geplant und durchgeführt. Markus Schneider, heil aus dem Krieg zurück gekehrt bestieg wieder sein Rennrad und errang neue Erfolge. An Pfingsten 1949 ging’s mit dem Rad schon wieder an den Bodensee. Allerdings machte das Korsofahren insofern Schwierigkeiten, als viele der schönen blauen Samtanzüge in der Kriegsnot privaten Zwecken zugeführt wurden und nicht mehr nach Korsoanzügen aussahen. Eine Kleiderkasse half, neue Anzüge zu beschaffen. Als Vereinslokal wählte man den „Engel“. Nicht weniger als sechs Wanderfahrten wurden schon 1949 unternommen, ein stolzer Anfang. Auch eine Vereinskontrollfahrt und ein Vereinsrennen im September verdienen erwähnt zu werden. Es war nach über zehn Jahren das erste Rennen und der Anfang einer stolzen Zahl von Rennfahrern und vielen Erfolgen in den nächsten Jahren.
Welchen Anteil die Gemeinde am Vereinsleben nahm zeigte sich daran, dass der Musikverein mit von der Partie war und dass jung und alt zu Start und Ziel an der Winzelner Straße pilgerte. Viele der hernach so erfolgreichen Fluorner Rennfahrer sind in den Siegerlisten erwähnt. Bei der Jugend von 14 bis 16 siegte Karl Hany vor Richard Kaufmann und Oskar Storz. Bei der Jugend von 16 bis 18 Jahre war Adolf Krauth vor Erich Blöchle und Rudolf Müller erfolgreich. In der Klasse der 18 bis 4o-jährigen hieß der Sieger Eugen Luppold vor Walter Kübler und Rudolf Wössner. In der Altersklasse der über 40-jährigen siegte noch einmal unser Ehrenvorsitzender Ernst Müller, in den 20er-Jahren ein überaus erfolgreicher Rennfahrer vor Matthias Storz.
Es geht weiter steil nach oben
1950 nahm der Verein seine Theateraufführungen wieder auf mit dem Drama „Glockenguss zu Breslau“. 1950 wurde der „Vorwärts“ wieder selbstständiger Verein. Radler und Fußballer gingen nach der französisch verordneten Zwangsehe wieder eigene Wege. Robert Hany mit seinen weit reichenden Radsportbeziehungen gelang es 1950, die Schwarzwald-Alb-Rundfahrt der Profis über Fluorn zu leiten. 100 Deutsche Mark, eine ordentliche Summe zwei Jahre nach der Währungsreform, setzte der radsportbegeisterte Verein als Prämie aus. Am Pfingstsonntag 1950 standen nicht weniger als 1200 Zuschauer in Fluorn Spalier, als die Ritter der Pedale um die hundert Mark spurteten. Den Sieger, Theissen aus Hildesheim, damals einer der deutschen Spitzenfahrer, kein heute kaum noch jemand. Der Musikverein spielte für die Rennfahrer, die zum Etappenziel Schwenningen unterwegs waren.
Erfolge meldeten auch die jungen Amateure des RV „Vorwärts“, die in vielen Rennen erfolgreich waren: Karl Hany, Oskar Storz, Adolf Krauth, Winfried Deutschle, Richard Kaufmann, Edwin Höni, Rolf Blocher, Jakob Geiger.
1951 wurde Robert Hany beim Landesverbandstag Württemberg-Hohenzollern zum Fachwart für Wanderfahren gewählt. Damit war der Verein auch überregional vertreten. Mit Hochdruck wurden bald die Vorbereitungen für das erste Fest nach dem Krieg vorangetrieben. Doch an allem mangelte es noch, selbst für die schwarz-rot-goldenen Fahnen fehlte das Tuch.
Die Jugend drängt in den Verein
Für die Jugend der Gemeinde war es in den 50er-Jahren selbstverständlich, Mitglied im RV „Vorwärts“ zu werden. Der Verein bot alle Möglichkeiten, die damals wichtig waren um aus der Enge der Gemeinde herauszukommen. Bei Wanderfahrten, Rennen, Korsofahren erlebte man Gemeinschaft und Geselligkeit, lernte Neues kennen. Allein 1951 traten 26 Mitglieder bei, viele davon waren junge Damen. Sie erhielten im gleichen Jahr einheitliche Korsokleidung, blaue Röcke, weiße Blusen mit blauem Schlips und blaue Mützen.
1951 erstes Fest mit Verbandsmeisterschaft
Vom 4. Bis 6. August 1951 waren die ersten Radfahr-Festtage nach dem Kriege in Fluorn. Der RV „Vorwärts“ genoss schon wieder großes Vertrauen, war ihm doch die Verbandsmeisterschaft des württembergisch-hohenzollerischen Landesverbandes übertragen worden. Als Dank hatte die Fluorner Radler alles perfekt vorbereitet. Am Samstag brannten in den Fenstern der Häuser viele bunte Leuchtbecher, ein Fackelzug mit Lampions bewegte sich zum Festplatz auf dem Schwommberg. Bürgermeister Rudolf Haas hielt die Festansprache. Auch Verbandspräsident Bögle war anwesend. 200 Rennfahrer, für welche die Fluorner alle ein Nachtquartier in Privathäusern bereit gestellt hatten, starteten am Sonntagmorgen um 5.30 Uhr nach Böllerschüssen und Tagwacht des Musikvereins. In der Jugendklasse belegten Karl Hany und Oskar Storz Plätze im Vorderfeld. Verbandsmeister der Hauptklasse wurde Erich Hugger aus Niedereschach.
Den langen Festzug bildeten 21 Radfahrvereine und die Musikkapellen aus Fluorn und Winzeln. In den Kutschen fuhren die Gründungs- und Ehrenmitglieder. 4 bis 5000 Menschen, schätzte der Chronist, waren damals auf der Festwiese. Im bunten Radsportprogramm erhielt ein junger Kunstfahrer aus Schwenningen den größten Beifall, der spätere Weltmeister und Bundestrainer Heinz Pfeiffer. Auch das Kinderfest war prächtig. Schulleiter Behr, Lehrer Holzträger und Lehrerin Kohler hatten dafür gesorgt, dass alle Schüler bunt kostümiert mitmachten. „Beim 50jährigen Jubiläum wird es ein Wiedersehen geben, wenn sich die Zeiten nicht geändert haben“, schreibt Schriftführer Alfred Strauch. Man traute dem „Braten“ noch nicht so richtig. Noch war das Wirtschaftswunder nicht erkennbar.
Nun, die Zeiten änderten sich tatsächlich, allerdings zum Guten und dabei entwickelte sich der Radfahrverein prächtig. 1951 schon versuchte man sich im Saalsport und schaffte wohl voreilig vier Radballmaschinen an. Den Bemühungen war kein Erfolg beschieden, denn weder war der Turnsaal im Schulhaus geeignet, noch hatte man einen kompetenten Übungsleiter.
Ein Höhepunkt der Vereinsgeschichte – das 50-jährige Jubiläum
1954 stand dieses große Ereignis an. Das Fest zu feiern fiel nicht schwer, denn der Verein fühlte sich stark. Die Mitglieder arbeiteten fleißig mit. Für Jeden war es eine Ehre und Selbstverständlichkeit, zum Gelingen des Festes beizutragen. Vom Bezirk und Kreis hatte man die jeweiligen Verbandsfeste übertragen bekommen. Es wurde das größte Fest in der Geschichte Fluorns. 37 Radfahrvereine mit 750 Korsofahrern, dazu vier Musikkapellen, bildeten einen nicht enden wollenden, kilometerlangen Festzug. Dieser Rekord wird für alle Zeiten unerreichbar bleiben. Robert Hany, durch seine Aktivitäten bis hinauf in die Spitze des Bundes Deutscher Radfahrer bekannt, gab einen Überblick auf 50 Jahre Radsport in Fluorn. Abordnungen des BDR, des Württ. Radsportverbandes, des Bezirkes und des Kreises gratulierten. Noch einmal hatte man Gelegenheit die noch lebenden Gründer zu ehren. Für 50-jährige Treuen wurden ausgezeichnet, Andreas Kübler, Friedrich Rempp, Andreas Deusch und Jakob Knöpfle.
Erfolgreiches Fest gibt Aufschwung
Gestärkt ging der Verein aus seinem Jubiläum hervor. Oft waren es bis zu vierzig Anlässen sportlicher und gesellschaftlicher Art, die jährlich zu bewältigen waren. 1956 wird erneut versucht, den Saalsport zu beleben. Zwar hatte man nun einen Kunstfahrtrainer, einen in einer hiesigen Metzgerei arbeitenden jungen Mann aus Geislingen, doch waren weder die noch vorhandenen Radballmaschinen für das Kunstfahren geeignet, noch war der Turnsaal im neuen Schulhaus groß genug, um richtig fahren zu können. Der Chronist dieser Schrift, der zu den damaligen „Aktiven“ zählte, erinnert sich mit Grausen an die nicht zu vermeidenden zahlreichen Bodenberührungen. Man ließ es schließlich wieder sein.
Ebenfalls 1956 fährt der RV „Vorwärts“ mit seiner bis dahin stärksten Besetzung, nämlich 43 Korsofahrern, zum Bezirksfest in Schwenningen. Neu waren die Räder geschmückt. Man hatte Bögen anfertigen lassen, die, am Lenker befestigt, mit blauen und weißen Blumen, den Vereinsfarben, verziert waren. Dieses hübsche Bild erregte überall viel Aufsehen. Auch in den Folgejahren war diese stolze Korsomannschaft nicht nur überall gern gesehene Gäste, sondern sie räumten auch entsprechend die besten Pokale ab. Gerne erinnert sich der Chronist auch an den damals üblichen Brauch, wenn nach bewältigtem Festzug der Fahrwart auf Vereinskosten an der Theke für die Korsofahrer ein ordentliches Fass Bier abholte. Am Tisch angestochen, konnten sich die Aktiven bedienen. Nicht jeder kam dadurch in einem Zustand nach Hause, der bei der besseren Hälfte Wiedersehensfreude erregt hat. Nicht minder lustig in der Erinnerung taucht auch die Fürsorge auf, die Robert Hany für die jungen weiblichen Korsofahrerinnen umtrieb. Um sie vom Alkohol fernzuhalten war sein geflügeltes Wort „die Mädle krieget a Blunäle“.
Alle fünf Jahre ein großes Fest
Inzwischen war das 55-jährige Bestehen herangekommen, bei dem sich 1959 wiederum zahlreiche Radler in Fluorn einfanden. Dieser Fünfjahres-Turnus der Festveranstaltungen ist bis heute beibehalten worden. Bei diesem 55-jährigen Stiftungsfest erfuhr Robert Hany große Ehrungen. Für 25 Jahre Vorsitzendentätigkeit, 40 Jahre Mitarbeit im Vorstand des Vereins und über 5o-jährige Mitarbeit im Radsport allgemein wurde er vom Württ. Radsportverband geehrt. Der Bezirk Schwarzwald-Zollern zeichnete ihn mit einer Ehrennadel aus und von seinem „Vorwärts“ erhielt er die goldene Ehrennadel und wurde zum Ehrenvorsitzenden ernannt.
Theateraufführungen fallen weg
Eine Tradition des Vereins lässt sich in diesen Jahren nicht mehr länger halten, das Theaterspiel. Die Mühen und Kosten einer solchen Veranstaltung sind groß, die Erlöse klein. Da man stets in einem Wirtschafts-Saal spielen musst, hatte man den Eintritt als Einnahme und das war einfach zu wenig.
Letzter Höhepunkt im Wirken Robert Hanys
1964 war letzter Höhepunkt im Wirken Robert Hany als Vorsitzender des RV „Vorwärts“. Er organisierte noch einmal ein großes Fest, das 60-jährige Bestehen. Es sollte wiederum ein Meilenstein werden. Zahlreiche Ehrengäste waren anwesend als ihm die höchste Auszeichnung des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), die goldene Ehrennadel, verliehen wurde. Ein Straßenrennen am Sonntagmorgen, ein großer Korsofestzug am Nachmittag waren weitere stolze Stationen des Festes. Am Sonntagabend begeisterten Künstler von Funk und Fernsehen vor vollem Haus mit einem tollen Programm. Das Kinderfest am Montag war das beste seit vielen Jahren.
Robert Hany tritt nach 31 Jahren zurück
Am 28. Oktober 1934 hatte Robert Hany den Vorsitz des RV „Vorwärts“ übernommen. Jetzt, in der Generalversammlung am 6. Januar 1965, inzwischen 74-jährig, bat er eindringlich darum, das am Amt in jüngere Hände legen zu dürfen. Diesem Wunsch entsprach die Versammlung. Robert Hany, der seit 1922 in der Vereinsführung tätig war, hatte diesen „Vereinsruhestand“ mehr als verdient. Er, der Ehrenvorsitzende, hatte sich um den Radsport bleibende Verdienste erworben. Mit ihm trat ein lebendiges Stück Radsportgeschichte von der Bühne ab, die Liebe aber zum Verein, zum Radsport allgemein, blieb. Unvergessen werden seine lebhaften Erzählungen bleiben, mit denen er den Jungen sein Radsportleben nahe brachte.
Ernst Müller neuer Vorsitzender
Die Generalversammlung wählte den langjährigen zweiten Vorsitzenden und erfahrenen Radsportmann Ernst Müller zum neuen ersten Vorsitzenden. Der Verein blieb damit in bewährten Händen und konnte ohne Unterbrechung weiter arbeiten.
Neue Aktivitäten in der zweiten Hälfte der 60er Jahre
Die zweite Hälfte der 60er Jahre bewältigte der RV „Vorwärts“ in gewohnt arbeitsintensiver Manier. Fast alle Feste der näheren und weiteren Umgebung wurden von der Korsomannschaft besucht. Nur Rennfahrer gab es inzwischen im Verein keine mehr. Die Motorisierung hatte die Jugend erfasst. Keiner wollte sich mehr auf dem Rad schinden. Der Verein war aber nicht gewillt, sich deshalb in den Schmollwinkel zurückzuziehen und die Rennsportaktivitäten aufzugeben. Auf Initiative des neuen Vorsitzenden Ernst Müller wurde beschlossen, fortan jährlich ein Rundstreckenrennen in Fluorn auszurichten und dafür den traditionsreichen Namen des „Großen Preises vom Heimbachtal“ einzusetzen. Keiner ahnte damals, welch großer Erfolg diesen Rennen in den Folgejahren bevorstand. Am Sonntag, den 7. August 1966 fand das erste Rundstreckenrennen um den „Großen Preis vom Heimbachtal“ statt. Selbst der Südwestfunk fand sich ein und machte eine Reportage für den Sport-Hörfunk.
Kurz vor dem Jahresende 1966 trauerte der Verein um seinen Ehrenvorsitzenden Robert Hany, der im Alter von 76 Jahren überraschend verstorben war. Am 2. Weihnachtsfeiertag 1966 trugen ihn seine Radsportkameraden zu Grabe. Oskar Mauch, Vorsitzender des Württ. Radsportverbandes sagte in seinem Nachruf am Grabe, dass der Radsport eine seiner Säulen verloren habe. Mit Robert Hany war ein großes Stück Radsportgeschichte von uns gegangen.
Vielversprechender Auftakt im Saalradsport
Mit dem Bau der Sporthalle im Rahmen des Schulhausneubaues war ab 1967 erstmals in Fluorn Gelegenheit geboten, den Saalsport im Verein ordentlich zu betreiben. Vorsitzender Ernst Müller nutzte diese Chance und baute eine Kunstfahrabteilung auf. Mit Gerda Bodmer aus Herrenzimmern, ehemalige Deutsche Meisterin und Mutter des späteren Weltmeisters Harry Bodmer, gewann er eine exzellente Trainerin als Garantin für große Erfolge, denn schon 1967 reichte es Aktiven zur Teilnahme an württembergischen Meisterschaften. Gerne hätte der Verein auch Radball betrieben. Doch für diese Sportart war der Bodenbelag in der neuen Halle nicht geeignet. Die Radballer hinterließen nach ihrem Training unübersehbare Spuren, so dass man notgedrungen auf diese Sportart verzichten musste.
Auszug aus dem „Engel“, Einzug in den „Hirsch“
Einen wehmütigen Abschied hatte man 1967 zu vollziehen. Fritz Rempp, unser alter Radsportfreund und „Engel“-Wirt, ließ den Verein wissen, das er bald den „Engel“ verlassen wolle und dann das Lokal geschlossen werde. Am 30. März 1967 fand man sich letztmals in den liebgewordenen, so traditionsreichen Räumen unter Geweihen und Jägersprüchen zusammen und hielt eine Abschieds-Ausschusssitzung ab. Noch einmal wurde ein guter „Fessenbacher“ beim Fritz und der Hanne bestellt. Nach so manchen Festen war hier der krönende Abschluss gefeiert worden, viele Lieder erklangen hier, viele Pokale wurden verschwellt und keiner, der je den besonderen Kaffee, den unser Lokalwirt aus besonderen Anlässen heraus zu brauen pflegte, wird dessen oft verheerende Wirkung je vergessen. „Da rauscht der Wald, da stäubt der Schnee“ war dann vom Fritz zu hören und zu diesem Zeitpunkt war die Stimmung bereits bestens. Am 1. April 1967 hörte der „Engel“, der schon 1904 den Anfang des Radfahrvereins begleitet hatte, als gute alte Dorfwirtschaft auf zu existieren. Einstimmig wurde der “Hirsch“ von Sofie und Paul Glück zum neuen Vereinslokal erhoben.
Große Erfolge im Saalsport 1968
1968 war der RV „Vorwärts“ in der neuen Sporthalle, die damals allgemein bewundert wurde, Gastgeber der Bezirksmeisterschaft im Kunstfahren. Birgit Hess wurde bei der Schülerinnen Bezirksmeisterin, bei der Jugend erreichte Ruth Pfau (unsere heutige Vorsitzende Ruth Amann) den Sieg. Dies war ein vielversprechender Anfang für die junge Abteilung mit ihrer Trainerin Gerda Bodmer. Im gleichen Jahr noch wurde Birgit Hess württembergische Meisterin bei den Schülerinnen. 1968 ging aber auch mit Andreas Kübler das letzte Gründungsmitglied von uns.
Erstmals Landesmeisterschaften im Straßenfahren
1969 hat sich der Verein beim Württ. Radsportverband um die Ausrichtung der Landesmeisterschaft im Einer-Straßenfahren der Amateure beworben. Der Verbandstag stimmte zu und so war dieser große Wettbewerb Höhepunkt des Feste aus Anlass des 65-jährigen Bestehens. Für die gute Organisation erhielt der „Vorwärts“ viel Lob. Vorsitzender Ernst Müller erhielt vom Landesvorsitzenden Oskar Mauch die goldene Ehrennadel des WRSV.
1969 eine Besonderheit: Das Schwarzwald-Volksradfahren
In Ernst Müllers Vorsitzendenzeit wurde das 1. Schwarzwald-Volksradfahren ins Leben gerufen. Eine Woche nach der Württ, Meisterschaft wurde der Startschuss gegeben. Solche Volkssportveranstaltungen, die später zuhauf angeboten wurden, gab es damals noch nicht sehr viele, schon gar nicht als Volksradfahren. Der RV „Vorwärts“ war einer der ersten im Lande, der diese Volkssportart anbot. Man bewegte sich völlig auf Neuland. Der Erfolg war überraschend gut. Einige hundert Volkssportler nahmen den Wettbewerb um Zeiten und Medaillen auf. In den Folgejahren fand das Schwarzwald-Volksradfahren immer wieder statt, bis es schließlich mangels Teilnehmern eingestellt werden musste. Wie bei allen erfolgreichen Dingen war es auch hier so, dass viele Nachahmer schließlich das Ende bedeuteten.
Kunstfahrer feiern große Erfolge
Die Kunstfahrerinnen setzten 1969 ihre Erfolgsserie fort und gewannen zahlreiche Titel auf Kreis- und Bezirksebene. Besonders der Zweier der Jugend, Ruth Pfau und Loni Heinzelmann, ragte hervor. Sie wurden Dritte bei der Landesmeisterschaft und starteten bei Länderkämpfen für Württemberg. 1971 waren man noch erfolgreicher. Ruth Pfau wurde bei der Jugend württembergische Vizemeisterin, ebenso der Zweier mit Renate Müller und Uschi Dölker. Pfau – Heinzelmann wurden im Zweier der Damen Dritte. 1978 wurde Ruth Amann-Pfau württembergische Meisterin der Damen, in Magstadt. Eine ehrenvolle Aufgabe hatte der Verein 1971 zu erfüllen. In der Fluorner Turnhalle fand der Saalsport-Länderkampf Württemberg-Schweiz statt.
Landesverband würdigt Breitenarbeit
Eine hohe Auszeichnung wurde dem Verein 1972 zuteil. Anlässlich der Frühjahrsversammlung des Radsportkreises Schwarzwald wurde dem RV „Vorwärts“ Fluorn die ihm vom Landesverband verliehene Auszeichnung für vorbildliche Breitenarbeit im Radsport übergeben. Ernst Müller nahm die Plakette in Empfang, die jährlich nur einem Verein im Lande verliehen wird.
Ernst Müller wird Ehrenvorsitzender
Adolf Krauth lenkt nun das Vereinsschiff
In der Generalversammlung am 6. Januar 1974 gab es wieder einen Wechsel an der Vereinsspitze. Ernst Müller trat aus Altersgründen nach neunjähriger Tätigkeit als erster und vier Jahre als zweiter Vorsitzender zurück. Die Generalversammlung ernannte ihn ob seiner großen Verdienste einstimmig zum Ehrenvorsitzenden. Ebenso einstimmig wurde Adolf Krauth als Nachfolger in das Amt des ersten Vorsitzenden gewählt. Seine erste Aufgabe war das Stiftungsfest 1974, wo wiederum der Landesverband Württemberg dem Fluorner Verein die Meisterschaft anvertraut hatte.. Wer diese wichtige Sportveranstaltung, die ein gehöriges Maß an Organisation erfordert, innerhalb von fünf Jahren zwei Mal ausrichten darf, der genießt Vertrauen. Adolf Krauth bewies sofort, dass er als neuer Vorsitzender in der Lage war, dieses Vertrauen zu rechtfertigen. Unter seiner Führung ging es im Verein weiter aufwärts.
Großes Fest zum 75-jährigen Jubiläum
Monate lang wurde geplant, organisiert, Pläne verworfen und neu entwickelt, bis schließlich einer der Höhepunkte in 75 Jahren RV „Vorwärts“ beginnen konnte. Es war ein Fest der Superlative, das vom 20. bis 23. Juli 1979 ablief. Erstmals halfen auch die Vereine des Ortsteils Winzeln mit, denn allein hätten die Fluorner die riesige Veranstaltung, bei der Vorsitzender Adolf Krauth die Hauptlast trug, nicht gepackt. Schon am Freitagabend ging es im Festzelt hoch her. Nach echt bayerischer Art – und im Falle Fluorns auf „Klein Bayerische Art“ – wurde der Fassanstich vom Festpräsidenten, Bürgermeister Jürgen Schlaich, mit gewohnt sicheren Hieben vollzogen. Am Samstagnachmittag war zum großen Festakt in die Fluorner Sporthalle geladen. Eine illustere Gesellschaft fand sich hier zusammen, an der Spitze der Schirmherr des Jubiläums, der unvergessene, äußerst populäre Landesfinanzminister Robert Gleichauf. Auch Landrat Manfred Autenrieth gab uns die Ehre, dann die Ortsprominenz mit Bürgermeister Jürgen Schlaich und den Gemeinderäten, Pfarrer Zimmermann, Rektor Ritter und vom Sport zahlreiche Repräsentanten von der Landes- bis zur Kreisebene. Preisend mit viel schönen Reden wurde die Arbeit des Radfahrervereins „Vorwärts“ allseits gelobt und alle Redner wünschten, dass angesichts der übermäßig dominierenden Motorisierung den Radfahrervereinen ein Überleben ermöglicht werde. Das Festbankett im großen Zelt am Samstagabend, zu dem sich auch neben anderen Ehrengästen MdB Franz Sauter einfand, brachte einen bunten Unterhaltungsabend mit meist einheimischen Sportlern und Musikern.
Ein Höhepunkt der Jubiläumstage war die Deutsche Meisterschaft im Einer-Straßenfahren der Jugend, die am frühen Sonntagmorgen mit 220 Jugendrennfahrern bis 18 Jahre stattfand. Der Bund Deutscher Radfahrer hatte das große Ansehen, das der RV „Vorwärts“ Fluorn in Radsportkreisen allenthalben genoss, durch die Vergabe dieser Meisterschaft honoriert. Alles lief profimäßig ab, von der elektronischen Zeitmessung der Firma Junghans bis hin zu zahlreichen Begleitfahrzeugen, die im Stile großer Rennen den einzelnen Disziplinen folgten. Sieger wurden in der Jugendklasse A mit Uwe Messerschmitt aus Heilbronn und Rolf Gölz aus Bad Schussenried zwei Namen, die hernach noch oft bei den Profis auf Bahn und Straße bis hin zur Tour de France in den Siegerlisten auftauchten. Dass der Bundesjugendleiter vom BDR dem RV „Vorwärts“ bestätigte, dass er in seiner zehnjährigen Tätigkeit noch nie eine so perfekte Organisation erlebt habe, war ein schöner Lohn für viele Mühen. Bei der Siegerehrung war auch wieder Landrat Autenrieth zugegen und half, Pokale und Preise zu überreichen.
26 Radfahrervereine mit 761 Korsofahrern bildeten am Sonntagnachmittag einen eindrucksvollen, mehrere Kilometer langen Festzug und das 2500 Personen fassende Festzelt war bei bestem Wetter prall gefüllt. Den „erlösenden“ Abschluss bildete schließlich das ebenfalls gelungene Kinderfest am Montag. Über 400 Helfer waren bei diesem Jubiläum im Einsatz, über 5015 Liter Bier wurde getrunken und neben 4200 Flaschen alkoholfreies Getränk verschwanden auch 5050 rote Würste und 6700 Wecken in den hungrigen Mäulern. Der Festablauf war einfach super. Schriftführer Ernst Haas musste dennoch notieren, „der einzige Minuspunkt ist der Diebstahl des feuerwehreigenen Notstromaggregates im Wert von DM 2800. Wegen fehlender Versicherung ist der Betrag von uns zu berappen“.
Neue Ideen in den 80er-Jahren
Nach dem großen Fest anno 1979 musste man es logischerweise etwas ruhiger angehen lassen, denn die gewaltige Anstrengung hatte personell schon Spuren hinterlassen. Einige bewährte Vereinsfunktionäre zeigten deutliche Ermüdungserscheinungen, wenngleich der Großteil der Mannschaft noch zusammen blieb. Nachdem es beim Jubiläum noch eine stattliche Rennfahrermannschaft gab, bröckelte der Bestand langsam aber sicher. Auch die früher so erfolgreichen Kunstfahrer erfasste eine Krise und so galt es nach anderen Säulen für die Vereinszukunft zu suchen neben dem „Großen Preis vom Heimbachtal“, der jährlich als Rundstreckenrennen veranstaltet wurde. Eine Wandergruppe, zu Fuß, wurde am 3. Februar 1981 gegründet. Sie erfreute sich bald reger Beteiligung Neben solchen Neugründungen wurde das übrige Vereinsleben recht rege gestaltet. Jugendleistungsabzeichen, Zeltlager, Dorfmeisterschaft im Radfahren, Ausflüge, Ausrichtung von Kunstfahrmeisterschaften, Kirbe, Weihnachtsfeiern und Familienabende , Teilnahme an den Altersgildetreffen, drei bis vier Korsotermine jährlich und andere Unternehmungen prägten das Vereinsleben positiv. Selbstverständlich war auch, dass sich der RV „Vorwärts“ ab 1981 an den Fluorner Straßenfesten mit einem eigenen „Wirtschäftle“ beteiligte.
Ein trauriges Ereignis fiel noch in das Jahr 1982. Im Januar musste der Ehrenvorsitzende Ernst Müller zu Grabe getragen werden. 15 Jahre lang hatte er von 1960 bis 1974 als erster und zweiter Vorsitzender amtiert.
BMX-Bahn wird gebaut
Vereinsvorsitzender Adolf Krauth ließ nichts unversucht, Leben in den RV „Vorwärts“ zu bringen. 1983 taucht erstmals in den Protokollen die Idee zum Bau einer BMX-Bahn auf. Der Verein wollte damit auf einen neuen, erfolgversprechenden Trend im Radsport eingehen. Mehrere Mitglieder arbeiteten sich auf Tagungen und Lehrgängen in diese neue Disziplin ein. Verschiedene Standorte wurden untersucht, bis sich schließlich ein Gelände beim Fluorner Sportplatz herauskristallisierte. Im April 1984 lag die Genehmigung der Gemeinde für das Gelände vor. Gleich wurde mit dem Bau begonnen, meist in Eigenarbeit. Viele Mitglieder engagierten sich. In über 800 freiwilligen Arbeits- und 85 Maschinenstunden haben die Mitglieder des Vereines 250 Kubikmeter Erde bewegt, 170 Tonnen Sand und Kies aufgebracht und damit eine 340 Meter lange Rundbahn für BMX-Rennen geschaffen. Anfang Mai 1985 sollte das Eröffnungsrennen stattfinden. Dauerregen aber verhinderte diese Premiere. Erst Ende Mai sausten die ersten waghalsigen Fahrer über die buckelige Strecke, darunter auch einige aus Fluorn-Winzeln. 1985 gab es noch zwei weitere Rennen. Dennoch, die BMX-Rennen sind nie richtig heimisch geworden auf der Fluorner Bahn. Zu gering war die Zahl der Zuschauer und der Aktiven und auch eine Zusammenarbeit mit den Rottweiler BMX-Freunden brachte nicht den erhofften Durchbruch. Es war schade, dass mit dem letzten Rennen am 20.09.1987 die mit viel Optimismus begonnene Sache endete.
Erfolgreiche Kunstfahrer bei den Deutschen Meisterschaften 1986
Beim Zweier-Kunstfahren der Schüler erreichten Markus Amann und Armin Heim bei den Württ. Meisterschaften nicht nur einen beachtlichen dritten Platz sondern auch so eine hohe Punktzahl, dass sie bei den Deutschen Schülermeisterschaften in Berlin startberechtigt waren. Dort konnten sie sich achtbar im Vorderfeld platzieren. Beide junge Sportler erreichten 1988 und 1989 nochmals dritte Plätze bei den Landesmeisterschaften und auch 1991, dann schon in der Männerklasse.
Adolf Krauth tritt zurück – 1987
Einen tiefen Einschnitt gab es bei der Generalversammlung am 6. Januar 1987. Adolf Krauth trat als 1. Vorsitzender zurück. Er hatte dies schon ein Jahr früher beabsichtigt, war aber mangels Nachfolger nochmals im Amt verblieben. 13 Jahre lang hatte Adolf Krauth den RV „Vorwärts“ in einer Art und Weise geführt, die höchsten Respekt verdient. Nie war ihm eine Arbeit zuviel und stets ging er voran, opferte zahllose Stunden seines Lebens dem Radfahrerverein. Als Dank und Anerkennung seiner beispielhaften Arbeit wurde er einstimmig zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Als Nachfolger wählte die Versammlung Harald Schelling. Die Freude darüber, einen Nachfolger gefunden zu haben, währte für Adolf Krauth nur kurz. Nach internen Vorgängen stieg der Nachfolger bereits ein Jahr später wieder aus und Adolf Krauth musste, um den Verein zu retten, wieder als 1. Vorsitzender in den Ring klettern. Was als Übergangslösung gedacht war, dauerte nochmals erfolgreiche 5 Jahre bis zur Generalversammlung am 6. Januar 1993.
Die 1990er Jahre bis heute
Ab 1992 – Partner beim AOK-Radtreff
Eine neue Sache wird ab 1992 in Angriff genommen. Im Zuge der Gesundheitsvorsorge ist die AOK auf den Radfahrerverein zugekommen, um ihn als Partner im Rahmen der Gesundheitsvorsorge für regelmäßig Radausfahrten zu gewinnen. Diese anfänglich mit Skepsis aufgenommene Sache hat sich inzwischen fest etabliert und besteht auch beim 100. Geburtstag des RV „Vorwärts“ noch. Selbst im Winter, wenn das Fahrrad nicht benutzt werden kann, werden gemeinsame Aktivitäten angeboten.
Ruth Amann übernimmt Verantwortung ab 1993
Nachdem Adolf Krauth 1993 endgültig zurückgetreten war, ergab sich eine problematische Situation für den Verein. Ein direkter Nachfolger konnte nicht gefunden werden. So übernahm Ruth Amann, durch ihre langjährige aktive Zeit als erfolgreiche Kunstfahrerin bestens gerüstet, neben dem 2. Vorsitzenden Rudolf Wössner als Anlaufstelle für alle Vereinsangelegenheiten einen Teil der Verantwortung für den Verein. 1995 wird dann Ruth Amann als Nachfolgerin von Rudolf Wössner, der sein Leben lang für den Verein aufopfernd gearbeitet hatte und nun altershalber ausschied, offiziell zur 2. Vorsitzenden gewählt und leitet in dieser Eigenschaft bis heute den RV „Vorwärts“.
Das 90-jährige Bestehen anders gefeiert
Zum 90-jährigen Bestehen 1994 überlegte sich der Verein, ob dieser Anlass wieder mit einem großen Zeltfest, so wie vorher alle in 5-jährigem Rhythmus gefeierte Vereinsgeburtstage, begangen werden sollte. Da Zeltfeste nicht ohne Risiko sind, beschloss der Vereinsausschuss, den Anlass mit Radsporttagen würdig zu feiern. Man übernahm für die Festtage vom Württ. Radsportverband die landesweite Schülermeisterschaft und beschloss zudem, den alljährlichen „Großen Preis vom Heimbachtal“ als Rennen für die Amateure auszuschreiben. Dazu kam noch ein Schulradsporttag und erstmals gab es in Fluorn 1994 eine Etappe der LBS-Straßenrennenserie der C-Klasse. Außerdem führte die Bezirkswanderfahrt zum Jubiläumsverein. Zwei Tage Radsport pur. Auch so kann man einen Geburtstag feiern.
Reges Vereinsleben in den Neunzigern
Trotzdem das Amt des ersten Vorsitzenden weiterhin unbesetzt blieb, gab es unter der Führung von Ruth Amann ein außerordentlich reges und ob seiner Fülle bewundernswertes Vereinsleben. Bis zu 50 Termine im Jahr verzeichnet das Protokoll, darunter zahlreiche radsportliche Veranstaltungen. Der RV „Vorwärts“ organisierte Rennsportveranstaltungen wie den Erdgas-Schüler-Cup, den ergoline-cup, Etappen der LBS-Rennserie, führte Schulsporttage als Werbung für den Radsport durch, Mannschaften beteiligten sich an der „Tour de Ländle“ des SWR, zahlreiche Radwanderungen und Wanderungen zu Fuß wurden absolviert und auch die Korsofahrer waren nicht untätig und besuchten jeweils mehrere Feste pro Jahr. Mit Patrick Schelling fährt nach langer Zeit wieder mal erfolgreich ein junger Fahrer für den Verein Rennen. Neu war auch die Idee einer Radlerbörse, mit welcher der RV „Vorwärts“ ein Forum eröffnete, in dem Käufer und Verkäufer von Gerätschaften rund um das Fahrrad zusammengeführt wurden.
Das 95-jährige Bestehen als Übergang zum 100. Geburtstag
1999 war ein bewegtes Jahr. Nicht nur, dass der „Vorwärts“ sein übliches großes Programm mit mehreren Rennen, Ausrichtung von Kunstfahrmeisterschaften und anderen Punkten erledigte. Es stand in diesem Jahr auch noch der 95. Geburtstag und als Höhepunkt in der Gemeinde das große Fest zu „900 Jahre Fluorn“ an. So stürzte man sich in die Arbeit, gestaltete für das großartige und unvergessene Gemeindefest die„historischen Meile“ mit und nahm auch mit zwei Gruppen am großen Festumzug am Sonntag teil. Eine Woche später wurde dann das Vereinsjubiläum, verbunden mit dem Kreisfest Schwarzwald und dem Bezirksfest Schwarzwald-Zollern gefeiert. Auch der Erdgas-Schüler-Cup gehörte zum Programm.
Mit unveränderter Aktivität ins neue Jahrtausend
Das neue Jahrtausend mit der „2“ vor der Jahreszahl war für den RV „Vorwärts“ kein Grund in seinen Bemühungen nachzulassen, den Radsport nach Kräften zu fördern. Nach wie vor galt es, viele Aufgaben zu bewältigen. Oft war der Terminkalender so voll, dass nicht mehr alles untergebracht werden konnte. Im November 2002 galt es aber auch eines der treuesten Mitglieder, den langjährigen Bannerführer Walter Kübler, in Schwenningen auf seinem letzten Weg zu begleiten. Walter Kübler heiratete schon in den 50-er–Jahren nach Schwenningen, war aber ein Fluorner und erst recht ein Fluorner Radler geblieben. Bei jedem Radfahrerfest führte er das „Vorwärts“-Banner und war nicht wegzudenken aus der Korsomannschaft. Bei den Fluorner Straßenfesten war sein Elternhaus auf der Halde stets Quartier des RV „Vorwärts“.
Der Verein im Jubiläumsjahr
Nun sind wir also nach der langen Reise durch 100 Jahre Radfahrerverein „Vorwärts“ Fluorn in Wort und Bild im Jubiläumsjahr 2004 angekommen. Fast so alt wie das vorige Jahrhundert ist der Verein und allein diese Spanne spricht für sich. Gegründet in der Blüte des Kaiserreiches, dezimiert durch zwei Weltkriege, geschwächt in der Inflation der 20-er-Jahre, eine große Blüte in der Nachkriegszeit erlebend und schließlich gezeichnet von den Wohlstandsjahren, in dem sich Werte verschoben und das Vereinsleben zu bewältigen wenigen Idealisten vorbehalten blieb und bis heute bleibt. Wo steht der Verein heute ? Grundsätzlich kann man sagen, dass er einen geachteten Platz unter den Vereinen von Fluorn-Winzeln einnimmt. Auch in den Radsportorganisationen von Kreis, Bezirk und Land genießt der RV „Vorwärts“ einen guten Ruf. Seiner Aufgabe ist der Verein allzeit treu geblieben. Vielleicht ist es seine größte Leistung an sich, dass er als Radfahrerverein 100 Jahre gut überlebt hat. Viele andere Radfahrervereine aus den Gründerjahren, ältere und jüngere, sind längst verschwunden. Sie haben den Krisen und der modernen Zeit mit der zunehmenden Motorisierung und neuen Unterhaltungsmöglichkeiten nicht standgehalten. Dass der RV „Vorwärts“ den negativen Entwicklungen getrotzt hat mag auch daran liegen, dass der Radsport in der Fluorner Bevölkerung immer einen starken Rückhalt hatte.
Nicht zuletzt hatte aber der „Vorwärts“ in seiner 100-jährigen Geschichte immer tüchtige Vorsitzende. Wie beständig deren Arbeit war kann man daraus ersehen, dass es nur fünf Männer und eine Frau waren, die mit langjährigen Amtszeiten diese 100 Jahre bewältigt haben: Friedrich Huss, Jakob Knöpfle, Robert Hany, Ernst Müller, Adolf Krauth und schließlich auch schon wieder über 10 Jahre Ruth Amann.
Wenn man die Bilanz der langen Jahre betrachtet, ergibt sich rundum ein positives Bild. So drohen dem Verein auch weniger aus seiner eigentlichen Arbeit heraus Gefahren als vielmehr von jenen Zeiterscheinungen, die auch anderen Vereinen zu schaffen machen. Die Mitgliederzahl im Jubiläumsjahr ist zwar leicht rückläufig, aber besonders die Zahl derer die bereit sind aktiv im Verein mitzuarbeiten, ist Besorgnis erregend. Dies zeigt sich deutlich daran, dass bei den jährlichen Hauptversammlungen Ämter nur noch mit Mühe besetzt werden können. Es gäbe viele Mitglieder die in der Lage wären die Lücken zu füllen. Doch heute ist die Bindung in einem Verein eher lästig. Das Zusammengehörigkeitsgefühl, das die Gründer einst beseelte, ist selten geworden. Man sieht es daran, dass der Radsport, insbesondere der Freizeitradsport, geradezu boomt. Wenn nur ein Teil derjenigen Freizeitradler, die bunt gekleidet massenhaft unsere Straßen bevölkern, sich den Radsportvereinen anschließen und aktiv mitarbeiten würde, käme keine Existenzangst auf. Doch dies will man heute nicht mehr. Man will ungebunden und frei sein, doch was wäre ein Ort ohne aktive Vereine ?
„Immer wieder geht ein Türle auf“ sagt der Volksmund. Und so kann und darf auch der RV „Vorwärts“ hoffen, dass nach glücklich überstandenen 100 Jahren wieder Zeiten kommen werden, in denen sich die Werte wieder hin zu Kameradschaft im Verein und gemeinsamen Unternehmungen verschieben. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass wir durchaus wieder in anderen Kategorien denken lernen müssen und es damit auch zu einer Rückbesinnung auf die Werte kommen kann, die einst den „Vorwärts“ stark gemacht haben. Deshalb mit dem Radler-Gruß ein dreifach donnerndes „All Heil“ auf die nächsten 100 Jahre des Jubilars.